Lichterfelde , 07.08.92
Steinfurter Allee mit den Auen
Die Idee zur Gründung unserer Ansiedlung entstand im Jahre 1920, als eine Gruppe Baulustiger den Siedlungsverein ins Leben riefen. Nach ca. einjähriger Vorbereitung wurde mit dem Bau begonnen und die ersten 7 Doppelhäuser der Steinfurter Allee konnten zwischen Ende 1921 und April 1922 bezogen werden. Trotz erheblicher Schwierigkeiten war es den Siedlern möglich bis zum Herbst 1923 sechs weitere Doppelhäuser zu beziehen. Die Existenzgrundlage der ersten Aue dürfte damit bestimmbar sein. Sie ist nun etwa 70 Jahre alt und entstand nach einem Bebauungsplan von Herrn Professor Mewes und seinem Mitarbeiter Emmerich aus Berlin.
Mit der Bepflanzung der Straßenränder war etwas für die damalige Zeit außergewöhnliches entstanden. Auf der 1. Aue fanden am Ende des Sommers eines jeden Jahres Siedlerfeste statt, zu denen die Anwohner ihre Häuser festlich mit Girlanden und Blumengebinde schmückten. Gern präsentierten die Siedler was sie von ihren Feldern und aus ihren Gärten als Ernte einbrachten, denn jeder war stolz auf den Lohn seiner Arbeit. Aus der Umgebung kamen Händler mit kleinen Verkaufsständen, die sie rund um die Aue stellten. Hier boten sie ihre Waren an. Marie Grabs schenkte an ihrem Stand die Getränke aus. Schon am Eingang sorgte eine Blaskapelle für Stimmung. Dort wurde vom Siedlerverband Eintritt kassiert. Für die kleineren Kinder gab es Unterhaltungsspiele wie Sackhüpfen und Wettrennen. Selbstverständlich bekamen die Sieger eine Belohnung. Junge Burschen kletterten an einem Mast hoch, an dem an einer Schnur Würste hochgezogen wurden. Mit dem Mund mußten sie diese greifen. Auch Verlosungen mit kleinen Preisen fanden statt. Der erste Preis konnten z. B. ein stattlicher Hahn, oder einige der schon erwähnten Siedlerernteartikel sein. Abends organisierten die Erwachsenen für ihre Kinder einen Fackelzug. Der krönende Abschluß fand dann im Saal der Wirtin Marie Grabs als Siedlerball statt. Die Auen wurden zu jener Zeit als Grünbereich geliebt und genutzt. Man traf sich bis in die 40'er Jahre vor der Haustür auf der Bank, um sich zu unterhalten
In meiner Kindheit war die Aue einer der wichtigsten Orte zum Spielen. Schon im Kinderwagen dabei, durfte ich bei den größeren Kindern zusehen. Egal, ob es den Jungen und Mädchen darum ging Versteck oder "Greife" zu spielen, zu Murmeln, die verschieden Arten der "Hopse" zu probieren, den Kreisel zu peitschen, in den Bäumen mit der "Katschi" nach Spatzen zu jagen, oder abends den Anwohnern auch einmal einen Streich zu spielen, erinnert sich jeder heute mit Wehmut an diese sorgenlose Kinderzeit. Hier lernten wir das Laufen und das Fahrradfahren. Auf den großen Pfützen der Steinfurter Allee, die damals noch unbefestigt war, ließen wir unsere Spielzeugboote fahren. Wenn im Mai in einem Schaltjahr eimerweise Maikäfer von den Linden geschüttelt wurden, die dann den Hühnern als Leckerbissen hingeworfen wurden, gab es ungewollt nur noch Windeier.
In feuchten Jahren hörte man den Pirol im Sommer seine Lieder singen, bevor er in den Astgabeln der Linden seine Jungen aufzog. Diese feuchten Jahre ließen mitten auf der Aue Pilze sprießen, unter anderem den Netzstieligen Hexenpils, der zwar roh giftig ist, aber nach spezieller Zubereitung als ein vorzüglicher Speisepilz im Kochtopf landete. In den heißeren Sommern war das Braunbier beliebt, was mit einem großen Faß auf dem Fuhrwerk von Händlern bis vor die Haustüren der Lichterfelder gefahren wurde. Schon von weitem wußte man anhand der Glocke (Bimmel), ob der Eismann Ludwig Ring oder der Braunbierhändler zum Kauf einlud.
Winter, Schneemannbau Schneeballschlachten, oder es wurden in schneereichen Wintern die Schneemassen von den Höfen auf die Aue gebracht, und daraus Iglus oder Schlittenabfahrten zu bauen
Die Aue erlebte auch weniger glückliche Tage, -Krieg, - Granateneinschläge, -Belagerung, -Stellungen.
-Feuer, - jahrzehntelange Bauhaufen, das Trafohaus.
An diesen Erinnerungen kann jeder erkennen, daß es sie nicht nur für diese Aue gibt. Jede Straße, jeder Platz hat seine unbedeutenden aber (reizvollen, amüsanten, ... )Geschichten.
Bis zum Jahre 1993 gehörten diese Flächen der eingetragenen Siedlergenossenschaft. Nun hat die Gemeinde die Flurstücke von Bodenverwertungsgesellschaft übertragen bekommen. Die Zeiten und die Gewohnheiten haben sich verändert.
Heutige Verkehrsgewohnheiten zollen in vieler Hinsicht ihren Tribut. Baumscheiben werden zum Parken genutzt und Grünflächen zerfahren. Sicher sind wir noch weit davon entfernt, unsere Gemeinschaftsbereiche so zu pflegen, wie es in den alten Bundesländern schon lange üblich ist. Einige Bürger bemühen sich schon lange um die Verbesserung des Aussehens vor ihrer Haustür. Zum Abschluß der Erinnerung noch eine Liste der Gründer, die mit dem Bau ihrer Häuser einst begannen, diesen Flecken Erde für uns so bedeutend zu machen.
Steinfurter Allee
Aufzählung unvollständig
1 Frohloff (heute wohnt dort Plonker), 2 Madel (Tewes), 3 Daenicke (Kopenhagen), 4 Schmidt (Bessert), 5 Seiffert, 6 Rese ( ), 7 Reva (Jäger), 8 Schramm (Kirchhof), 9 Fürst Herrmann (Matz), 10 Fürst (Paul), 11 Krüger (Krüger/Pauli), 12 Müller (Korff), 13 Müller Emil (Kessel), 14 May (Daenicke), 15 Jänicke (Patzer), 16 Erbe (William), 17 Schulz (Petsch), 18 Rapsch (Grabs), 19 Hirte (Schoppa), 20 Tonne (Linz), 21 Bönicke (.....), 22 Pommerening (Hinz), 23 Voth (Göde), 24 Krebs, 25 Jordan (Gawlich), 26 Berg.(Blankenburg), 27 Rawenski (.....), 28 Blaurock (Schöneich), 29 Jahn (Hamed), 30 Ring (Tierbach), 31 Priebe (Matros), 32 Priebe Paul (Dräger), 33 Schöning (Rütze), 34 Bötcher, 35 Bowitz (Fischer), 36 Maschke (Spann), 37 Wetzel (....), 38 Pigorsch..(......), 39 Tiedmann (Schulz), 40 Grunewald, 41 Dahms (.......), 42 Bausmann (Mann).
Auf der anderen Seite der Steinfurter Allee waren es 72 Altekruse (Dannowski), 71 Kerkow, Reckin (...), Schmage (Kessel), Förste ( ), Lose ( ), Prim, Reckin, Göde (Maschalleck), Voigt, Dannowski (Pommerening), Grabs, Mante, Grabs, Tillack, Wienicke, Grüning, Schöneich, Miersch, Schönebeck, Adler, Flügge (Tak), Christanier, Kroll.
Verfasser: Christa u. Bernhard Daenicke